Servitization als Wachstumstrend und Wirtschaftsmodell der Zukunft – wie können Sie als Maschinenbauer davon profitieren? Dies ist Frage, der ich in diesem Artikel auf den Grund gehen werde.
Servitization beschreibt im Wesentlichen sogenannte Produkt-Service-Modelle, die eine engere und für Kunden und Hersteller bessere Koppelung von Maschinen und Anlagen sowie den zugeordneten Services darstellen. Ziel ist, Kunden ein Rundum-Sorglos-Paket zur Verfügung zu stellen, mit dem sie sich ganz auf ihr Kerngeschäft fokussieren können. Dies gilt in finanzieller Hinsicht, da sie die Maschinen oder Anlagen nicht mehr erwerben, sondern lediglich den Output oder die Leistung als kompletten Service bezahlen. Es gilt auch in operativer Hinsicht, da der Hersteller, vergleichbar dem Lieferanten in der Lieferkette, einen Großteil der Services rund um die Anlage oder die Maschine federführend übernimmt.
Jetzt werden Sie sich fragen: Wo liegt denn der Unterschied zu den bisherigen Modellen? Bislang wurden Maschinen an Kunden verkauft oder vermietet. Services wie Wartung und Reparatur wurden über Serviceverträge und in Teilen auch über Service Level Agreements vereinbart. Eine klare Abgrenzung hierzu gibt es jedoch nicht, vielmehr ist der Übergang zu einem Servitization-Modell fließend. Wesentlich ist allerdings, dass mit der Digitalisierung im Maschinenbau viele neue Möglichkeiten gegeben sind, eine Maschine oder Anlage durch Services zu ergänzen und neue Geschäfts- und Abrechnungsmodelle zu etablieren. Aus Sicht des Herstellers ist es dabei wichtig, den vollständigen Prozess hin zum Kunden zu orchestrieren und so den gesamten Service idealerweise aus einer Hand anzubieten, um die Kundenbindung nachhaltig zu verbessern. Dies schließt idealerweise auch die Teile des Service mit ein, die von Partnerunternehmen geliefert werden.
In Kooperation mit Kunden und Servicepartnern werden neue Maschinen bereits in der Entwicklung mit einem passenden Set an Services konzipiert, die beim Verkauf und bei der Auslieferung den individuellen Anforderungen einzelner Kunden oder Kundengruppen angepasst werden können.
Durch die Digitalisierung und die Automation dieser Services wird bereits in einer sehr frühen Phase der Produktentwicklung ein Baukastensystem an Services und potentiellen Vereinbarungen erstellt, welches es dem Kunden ermöglicht, ein personalisiertes Produkt-Service-Paket zu erwerben, das optimal auf seine Bedürfnisse und Anforderungen abgestimmt ist. Hier einige Beispiele für mögliche Services:
Ergänzend können auch Beratungsleistungen rund um die Nutzung der Maschine oder Anlage im Angebot beinhaltet sein. Mit den gesammelten Nutzungs- und Servicedaten aller Kunden hat der Hersteller ein klares Bild, wie Maschinen oder Anlagen optimal eingesetzt werden können und wie dieser Einsatz sich konkret verbessern lässt. Ziel dieser Services ist, den Nutzen eines gekauften oder gemieteten Produktes für den Kunden nachhaltig steigern.
Ein zentraler Baustein für den Aufbau dieser Services ist das Verständnis, wie und wozu die verkauften Maschinen und Anlagen beim Kunden tatsächlich eingesetzt werden. Die Erfassung dieser Informationen erfolgt zum einen über IoT-Sensorik und den Aufbau digitaler Zwillinge, zum anderen über die Kommunikation mit Kunden und deren Dokumentation und Analyse, z. B. bei der gemeinsamen Entwicklung neuer Maschinen, Anlagen und zugehöriger Services sowie bei der Beratung, im Vertrieb oder im After Sales Service.
Am Beispiel von landwirtschaftlichen Maschinen lässt sich leicht aufzeigen wie durch die Integration weiterer Daten, beispielsweise Klimadaten oder Bodenwerte einer Region, in die teils mit Künstlicher Intelligenz erstellten Analysemodelle eine passgenaue Beratung für den Landwirt beim Erwerb neuer Geräte erfolgen kann, um sicherzustellen, dass diese auch den tatsächlichen Anforderungen und Rahmenbedingungen des Agrarbetriebs entsprechen. Gleiches gilt für alle anderen Kundengruppen, bei denen externe Rahmenbedingungen von Relevanz sind.
Aufseiten des Herstellers erfordert dies ein Umdenken. Zum einen gilt es, bestehende und neue Services mit den Maschinen und Anlagen direkt zu verkoppeln. Zum anderen muss die Transparenz im Unternehmen über alle Serviceprozesse und die vorhandenen Daten zu jeder Zeit sichergestellt werden.
Drittens ist es erforderlich, bestehende und neue Serviceprozesse weitgehend zu standardisieren, zu automatisieren und zu optimieren, um so die Kosten niedrig zu halten und die Kapazitäten im Unternehmen und speziell bei den Mitarbeitern zu schaffen, sich auf die Erbringung und Verbesserung der Services für den Kunden zu fokussieren.
In einem weiteren Schritt können dann die bestehenden Vertriebsmodelle den Bedürfnissen der Kunden Schritt für Schritt angepasst werden. Wo heute noch Maschinen oder Anlagen verkauft werden, kann es morgen bereits so sein, dass der Kunde einen konkreten Service oder eine spezifische Leistung einkauft.
Die Maschine oder Anlage verbleibt dabei im Anlagevermögen des Herstellers. Der Kunde bezahlt für den gelieferten Service bzw. die erbrachte Leistung. Der Vorteil dieses Modells, das bereits seit längerem in Form von Cloud-Lösungen aktiv in den Markt getragen wird, liegt darin, dass für den Kunden lediglich operative Kosten anfallen, was die Kapitalbindung deutlich verringert und das Risiko zum Beispiel bei Start-ups minimiert.
Auch der Hersteller hat klare Vorteile:
In Summe entsteht so für beide Seiten, den Kunden und den Hersteller, ein Win-Win-Verhältnis. Kunden werden sich so zum beiderseitigen Nutzen langfristig an den Hersteller
Wollen Sie mehr wissen? Lesen Sie unser Whitepaper:
"Servitization - Wie Sie vom Hersteller zum Lösungs- und Serviceanbieter werden."